Bestimmtes Integral als Funktion der oberen Grenze
Der Wert eines bestimmten Integrals hängt von der Integrandenfunktion und den Integrationsgrenzen ab. Bei gegebener Integrandenfunktion können sich Untersuchungen am bestimmten Integral auf die Überprüfung des Einflusses von Veränderungen der Integrationsgrenzen beschränken.
Lässt man überdies bei der Berechnung von
die untere Grenze a fest und verändert allein die obere Grenze b, so erhält man für jede Zahl b (b > a) eine eindeutig bestimmte Zahl.
Es entsteht eine Menge geordneter Paare
,
die eine Funktion ist.
Mit anderen Worten: Das bestimmte Integral
ist bei fester unterer Grenze a eine Funktion der oberen Integrationsgrenze.
Da es üblich ist, das Argument einer Funktion mit x (statt hier mit b) zu bezeichnen, wählen wir für die Integrationsvariable eine andere Bezeichnung, z.B. t (statt x), und erhalten
.
- Definition: Gegeben sei eine Funktion f. Die Funktion , die jedem x den Wert des Integrals
zuordnet, heißt Integralfunktion von f mit der unteren Grenze a. Der Definitionsbereich der Integralfunktion ist die Menge aller x, für die das Integral
existiert. Man beachte den Unterschied zwischen den Begriffen Integralfunktion und Integrandenfunktion:
ist die Integralfunktion, f(t) die Integrandenfunktion (der Integrand).
Bildet man die Ableitung der Integralfunktion, so erhält man den Integranden. Die Integralfunktion ist also eine Stammfunktion des Integranden f.
- Satz: Für eine im Intervall [a; b] stetige Funktion f ist die Funktion mit
eine Stammfunktion von f im Intervall [a; b].
Da die Menge aller Stammfunktionen einer gegebenen Funktion f das unbestimmte Integral dieser Funktion ist, stellt dieser Satz einen Zusammenhang ziwschen bestimmtem und unbestimmtem Integral her.
Beweis des Satzes:
Es seien f eine beliebige, im Intervall [a; b] stetige Funktion und die Funktion mit
.
1. Schritt: Wenn man zeigen will, dass eine Stammfunktion von f ist, so muss man nachweisen, dass für alle gilt.
Es wird zu diesem Zweck zunächst der Differenzenquotient von gebildet:
Nun gilt
Deshalb folgt für den obigen Differenzenquotienten:
2. Schritt: Wir schätzen den Differenzenquotienten nach oben ab
(Fall h > 0):
Da f eine stetige Funktion ist, existieren im Intervall ein kleinster Funktionswert und ein größter Funktionswert . Nach der Definition des bestimmten Integrals gilt dann
3. Schritt: Wir berechnen den Grenzwert des Differenzenquotienten für :
Aus obiger Ungleichung folgt:
(*)
Da f stetig ist, gilt .
Somit ergibt sich aus der Ungleichung (*):
Zum gleichen Ergebnis gelangt man für den Fall h < 0.
Damit ist gezeigt:
w. z. b. w.