HELMUT KOHL (* 1930) ist der Kanzler der deutschen Einheit und erlangte besondere Verdienste durch den Kampf um die europäische Einheit und die fortdauernd gelebte Freundschaft zu Frankreich. Keiner war länger Bundeskanzler, und keiner bekleidete länger das Amt des CDU-Vorsitzenden. Als Staatsmann fand er weltweite Anerkennung und geht als großer Deutscher und Europäer in die Geschichte des 20. Jahrhunderts ein.
HELMUT KOHL wuchs als jüngstes von drei Kindern in einem katholisch und bürgerlich geprägten Elternhaus auf. Im Alter von 15 Jahren erlebte HELMUT KOHL den Zusammenbruch des Dritten Reiches und das Ende des Zweiten Weltkriegs. Kurz zuvor erfuhr er vom Tod seines einzigen Bruders WALTER, der als Soldat im Alter von 19 Jahren in Westfalen fiel.
1946 trat HELMUT KOHL der CDU bei und engagierte sich bereits früh für die Junge Union. 1950 begann KOHL sein Studium der Rechts-, Sozial- und Staatswissenschaften in Frankfurt/Main und Heidelberg. Er kletterte Stufe für Stufe auf der Karriereleiter der Partei hinauf. 1953 wurde KOHL in den Vorstand der CDU Pfalz gewählt und 1955 in den Landesvorstand. 1958 schloss KOHL sein Studium erfolgreich ab und legte in Heidelberg seine Doktorarbeit über „Die politische Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945“ vor. Er zog 1959 in den Landtag von Rheinland-Pfalz ein, wo er ab 1961 stellvertretender Vorsitzender und ab 1963 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion war.
Im Jahre 1960 heiratete HELMUT KOHL die Diplomdolmetscherin HANNELORE RENNER. Sie starb am 05.07.2001. Das Ehepaar hat zwei Söhne, WALTER und PETER.
Von 1969 bis 1976 bekleidete KOHL das Amt des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, und regierte mit einer christlich-liberalen Koalition von 1969 bis 1971. Im Anschluss an die gewonnenen Landtagswahlen im Mai 1971, bei denen KOHL die absolute Mehrheit für seine Partei holte, war dieser in der Lage eine Alleinregierung zu bilden.
In der Zeit leitete HELMUT KOHL eine umfassende Gebiets- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz in die Wege. Gemeinsam mit HEINER GEISSLER erneuerte er das Sozial- und Gesundheitswesen des Landes.
HELMUT KOHL wurde bereits mit 33 Jahren Fraktionschef im Mainzer Parlament und drei Jahre später ernannte man ihn zum CDU-Landesvorsitzenden. Im Alter von 39 Jahren übernahm KOHL 1969 das Amt des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und löste den bereits seit 1947 regierenden PETER ALTMEIER zur Hälfte seiner Legislaturperiode ab.
Bei den Landtagswahlen 1971 und 1975 konnte HELMUT KOHL für seine Partei die absolute Mehrheit holen. Mit seinen Reformen erregte er bundesweit Aufsehen.
1973 stieg HELMUT KOHL zum Bundesvorsitzenden der CDU auf. 1976 trat HELMUT KOHL von seinem Amt des Ministerpräsidenten in Rheinland-Pfalz zurück und wechselte als Oppositionsführer nach Bonn, wo er Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde.
Bei den Bundestagswahlen 1976 gelang es der CDU/CSU nicht, einen Regierungswechsel herbeizuführen. Die CSU beschloss daraufhin, sich von der CDU zu trennen. HELMUT KOHL hielt jedoch an der gemeinsamen Fraktion unter seiner Führung fest und behauptete sich damit gegen FRANZ JOSEF STRAUSS und die CSU.
In der Fraktionsdiskussion um die Kanzlerkandidatur 1980 unterlag KOHL allerdings FRANZ JOSEF STRAUSS. Bei den Bundestagswahlen musste die CDU/CSU hohe Verluste verschmerzen.
Am 20.09.1982 nahmen CDU/CSU und FDP Koalitionsgespräche auf, bei denen sie sich darauf einigte, den regierenden Bundeskanzler HELMUT SCHMIDT zu stürzen. Am 01.10.1982 wählte der Bundestag HELMUT KOHL durch ein konstruktives Misstrauensvotum zum 6. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Seine Regierungserklärung gab KOHL am 13. Oktober ab, in der er sich zum NATO-Nachrüstungsbeschluss und zur Fortführung guter Beziehung zur DDR bei entsprechender Gegenleistung bekannte.
Bei den vorgezogenen Neuwahlen am 06.03.1983 konnte die CDU/CSU einen deutlichen Sieg verzeichnen, und Bundeskanzler KOHL wurde am 29.03.1983 vom Bundestag in seinem Amt bestätigt.
Am Vorabend der Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Staats- und Parteichef der Sowjetunion JURIJ ANDROPOW am 13.02.1984 kam es zum ersten persönlichen Treffen von HELMUT KOHL und ERICH HONECKER in Moskau.
Gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten FRANCOIS MITTERRAND gedachte KOHL am 22.09.1984 der Opfer der beiden Weltkriege. Während der Nationalhymnen standen die beiden Politiker minutenlang Hand in Hand nebeneinander und zeigten auf diese Weise die Verbundenheit zwischen Deutschland und Frankreich.
Am 03.02.1986 berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ von der Strafanzeige, die der Bundestagsabgeordnete OTTO SCHILY gegen KOHL erstattet hatte. SCHILY beschuldigte KOHL der Falschaussage vor den Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im Mainzer Landtag in der Parteispenden-Affäre. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft nahm Ende Februar ein Ermittlungsverfahren gegen den Bundeskanzler auf, das aus Mangel an Beweisen am 20. Mai jedoch eingestellt wurde.
Bei den Bundestagswahlen vom 25.01.1987 erzielte die christlich-liberale Koalition einen klaren Sieg, und HELMUT KOHL wurde vom Bundestag erneut zum Bundeskanzler gewählt. In seiner Regierungserklärung am 04.07.1987 setzte sich KOHL für einen Abbau der Mittelstreckenraketen in Europa ein.
In der Zeit vom 07.09. bis zum 11.09.1987 fand ein Treffen zwischen HELMUT KOHL und dem Staats- und Parteichef der DDR ERICH HONECKER statt. Dies war der erste Besuch HONECKERs in der Bundesrepublik Deutschland in der Geschichte der beiden deutschen Staaten. Die beiden Staatsmänner vereinbarten Abkommen zum Umwelt- und Strahlenschutz, sowie über die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technik.
Für ihre Verdienste um die europäische Einigung wurden Bundeskanzler HELMUT KOHL und der französische Staatspräsident FRANCOIS MITTERRAND am 01.11.1988 mit dem Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen ausgezeichnet.
Der Zusammenbruch der DDR und die deutsche Wiedervereinigung wurden nur möglich infolge der Umgestaltungen in der Sowjetunion seit Mitte der 1980er-Jahre.
Der neue sowjetische Staats- und Parteichef MICHAIL GORBATSCHOW versuchte die UdSSR durch umfassende Reformen vor dem Zerfall zu retten. Er gab den Standpunkt der sowjetischen Vormachtstellung über den Ostblock auf und zielte auf eine stärkere Kooperation mit dem Westen hin. Der Weg war damit frei für eine schrittweise Demokratisierung der Staaten im Ostblock. Ungarn nutzte diese neuen Möglichkeiten und öffnete am 11.09.1989 seine Grenze zum Westen, woraufhin im Sommer 1989 tausende DDR-Bürger über die ungarische Grenze in die Bundesrepublik flüchteten.
Zeitgleich mit dieser Massenflucht gewann die Oppositionsbewegung in der DDR an Macht. Bei den Montagsdemonstrationen in Leipzig im Oktober 1989 machten die Bürgerrechtler ihre Forderungen öffentlich. In vielen Städten fanden bei den Feiern zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung am 07.10.1989 Demonstrationen gegen das SED-Regime statt. Die SED verlor zunehmend die Kontrolle über die Bevölkerung der DDR.
Mit dem Rücktritt ERICH HONECKERs als Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzender am 18.10.1989 war der Zusammenbruch der SED-Herrschaft besiegelt. Am 08.11.1989 trat das Politbüro der SED geschlossen zurück.
Mit dem Fall der Mauer am Abend des 09.11.1989 schlug HELMUT KOHLs historische Stunde. Er brach seinen Polen-Besuch am 10.11.1989 aufgrund der Öffnung der innerdeutschen Grenzen ab, um am Abend vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin auf einer Kundgebung zu sprechen.
Mitte November sicherte KOHL der DDR wirtschaftliche Unterstützung zu, sobald das politische und wirtschaftliche System der DDR grundlegend reformiert werde.
Für das Ausland und auch für die BRD kam die Entwicklung in der DDR überraschend. Mit seinem „Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas“, das der Kanzler am 28.11.1989 überraschend dem Bundestag vorlegte, nutzte KOHL die Gunst der Stunde. Er übernahm mit diesem Programm die deutschlandpolitische Initiative mit dem Ziel der deutschen Einheit, und setzte die Deutschlandfrage auf die Tagesordnung der internationalen Politik und der Bevölkerung in den beiden deutschen Teilen.
Am 19.12.1989 fand ein Treffen zwischen HELMUT KOHL und dem DDR-Ministerpräsidenten HANS MODROW in Dresden statt, bei dem beide Regierungschefs Verhandlungen über eine deutsch-deutsche Vertragsgemeinschaft vereinbarten.
Die anschließende Ansprache KOHLs vor der Dresdner Frauenkirche am 19.12.1989, bei der über 100 000 Zuhörer dem Bundeskanzler zujubelten, stellte einen entscheidenden Meilenstein auf dem Weg zur deutschen Einheit dar.
Das persönliche Vertrauen, das sich KOHL im Laufe seiner Amtszeit bei MICHAIL GORBATSCHOW, FRANCOIS MITTERRAND und GEORGE BUSH sowie anderen Partnern erworben hatte, war sicherlich entscheidend für deren schnelle Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung.
Bei einem Treffen zwischen HELMUT KOHL und MICHAIL GORBATSCHOW am 10.02.1990 in Moskau sicherte der sowjetische Staats- und Parteichef KOHL zu, dass die UdSSR einer deutschen Wiedervereinigung nicht im Wege stünde.
Anerkannte Intellektuelle der DDR warben zwar für politische Reformen in der DDR, doch die Mehrheit der DDR-Bevölkerung hoffte auf eine schnelle Wiedervereinigung. Dies spiegelte das Ergebnis der ersten freien Volkskammerwahl am 18.03.1990 wider. Mit 47,8 % war die Allianz für Deutschland, die sich für den raschen Beitritt zur BRD einsetzte, deutlicher Sieger der Wahl. Es entstand eine pluralistische Parteienlandschaft, die sich schnell an das Parteienspektrum der BRD anpasste.
Die neue DDR-Regierung unter Ministerpräsident LOTHAR DE MAIZIERE begann umgehend die Voraussetzungen für die deutsche Wiedervereinigung zu schaffen. Am 01.07.1990 übernahm die DDR das Wirtschaftssystem der BRD, und kurz danach wurden in Berlin die Beratungen über den Einigungsvertrag eröffnet. Nach dem Abschluss der Verhandlungen legte die Volkskammer in einer Sondersitzung am 23.08.1990 den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes am 03.10.1990 fest.
Als in der Nacht zum 03.10.1990 die Menschen aus Ost und West das unverhoffte Glück der Wiedervereinigung feierten, stand HELMUT KOHL vor dem Berliner Reichstag auf dem Höhepunkt seines politischen Lebens. Nach 45 Jahren war nun die deutsche Einheit wiederhergestellt.
Außenpolitisch führte der Weg zur deutschen Einheit über die Zustimmung der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs. Die Außenminister der Siegermächte berieten seit dem 05.05.1990 in den Zwei-plus-Vier-Gesprächen gemeinsam mit den Außenministern der beiden deutschen Staaten über die Ablösung der Rechte der Alliierten, sowie die Haltung der Sowjetunion zur Wiedervereinigung. Im Juli 1990 gab der sowjetische Präsident MICHAIL GORBATSCHOW sein Einverständnis zur Deutschen Einheit, und am 12.09.1990 unterzeichneten die sechs Außenminister in Moskau schließlich den Zwei-plus-Vier-Vertrag. Die USA, die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich gewährten dem vereinigten Deutschland die volle Souveränität.
Am 02.12.1990 wurde das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament seit 1933 gewählt. Das Thema der deutschen Einheit bestimmte den Wahlkampf, wovon die christlich-liberale Regierungskoalition profitierte und aus der Wahl als eindeutiger Sieger hervorging. Die CDU/CSU erreichte 43,8 % und die FDP 11 % der Stimmen. Am 17.01.1991 wählte der Bundestag HELMUT KOHL zum ersten gesamtdeutschen Bundeskanzler (siehe PDF "Regierungserklärung von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl").
In der zweiten Hälfte seiner Regierungszeit musste sich HELMUT KOHL der Herausforderung stellen, das staatsrechtlich wiedervereinte Deutschland nun auch ökonomisch, sozial und emotional zu einer inneren Einheit zu formen.
Trotz beachtlicher Erfolge und durchaus blühender Landschaften im Osten litt die innenpolitische Bilanz unter der zunächst unterschätzten Erblast der DDR-Vergangenheit.
Eine Allparteienrunde unter der Leitung von HELMUT KOHL einigte sich am 14.01.1994 auf den Umzug von Regierung und Parlament von Bonn nach Berlin spätestens zum Jahr 2000.
Die Bundestagswahl am 16.10.1994 konnte die Union zwar zu ihren Gunsten entscheiden, sie musste aber ihr schlechtestes Bundestags-Wahlergebnis seit 1949 hinnehmen. KOHL wurde am 15.11.1994 zum fünften Mal vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt.
Am 31.10.1996 feierte er sein Amtsjubiläum und überrundete nun als dienstältester Kanzler mit 5 145 Amtstagen jeden seiner Vorgänger.
Im April 1998 stimmte der Bundestag mit eindeutiger Mehrheit für die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion, mit der am 01.01.1999 der Euro eingeführt werden sollte.
Nach 16-jähriger Herrschaft stellten sich jedoch Verschleißerscheinungen ein, und am 27.09.1998 verlor HELMUT KOHL seine fünfte Wahl als Bundeskanzler gegen den SPD-Politiker GERHARD SCHRÖDER. KOHL übernahm noch am gleichen Abend die Verantwortung für die deutliche Wahlniederlage seiner Partei. Am 07.11.1998 übergab HELMUT KOHL die Führung der CDU an WOLFGANG SCHÄUBLE.
Von der Europäischen Union wurde KOHL aufgrund seiner Verdienste am 25.10.1998 zum Ehrenbürger Europas ernannt.
Er ist Träger höchster Auszeichnungen des In- und Auslandes und wurde unter anderem mit der Ehrendoktorwürde der Universitäten Tel Aviv, Maryland, Lublin, Harvard/USA, Salamanca, der philippinischen Anteno-Universität und der jüdisch-amerikanischen Brandeis-Universität ausgezeichnet.
Nachdem HELMUT KOHL zuvor den Vorwurf von Schmiergeldzahlungen zurückgewiesen hatte, gestand er am 16.12.1999 im Laufe eines Fernsehinterviews im ZDF ein, zwischen 1993 und 1998 Spenden von 1,5 bis 2 Millionen Mark illegal angenommen zu haben. Er weigerte sich jedoch, die Namen der anonymen Spender zu nennen. Am 03.01.2000 eröffnete die Bonner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Altkanzler wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil seiner Partei.
Im Zusammenhang mit der CDU-Finanzaffäre musste KOHL am 18.01.2000 auf den Ehrenvorsitz seiner Partei verzichten.
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