- Lexikon
- Geografie
- 1 Natur- und Gesellschaftswissenschaft
- 1.1 Gegenstand und Teilgebiete der Geografie
- 1.1.1 Die Entwicklung des geografischen Weltbildes
- Bedeutende geografische Entdeckungen – Marco Polo, Christoph Kolumbus, Vasco da Gama
Bedeutende Entdeckungsreisende haben im Mittelalter dazu beigetragen, das geografische Weltbild vor allem der Europäer von Irrtümern zu befreien und zu erweitern.
Das uralte Kulturland China wurde im christlichen Europa erstmals durch den Reisebericht von MARCO POLO bekannt. Dieser Reisebericht lag 1477 auch gedruckt vor. Bis ins 16. Jh. hinein war der für die Erweiterung des Erdbildes der Europäer bedeutendste Bericht des Mittelalters die Grundlage für das Wissen über China.
Die Kenntnisse aus der Antike über die Erde waren häufig mit dem Römischen Reich untergegangen. Deshalb mussten im Mittelalter viele bereits schon einmal vorhandenen Kenntnisse über die Erde mühsam neu zusammengetragen werden. Dafür war MARCO POLOS Reise, die in der Zeit vor den eigentlichen großen geografischen Entdeckungen stattfand, ein wichtiger Baustein (Bild 2).
Die Zeit des 15. und die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts wird als das Zeitalter der großen geografischen Entdeckungen bezeichnet. Die Entdeckungen führten nicht nur zu einem neuen Bild von der Erde und ihrer Kulturen, sondern auch zur Einbeziehung bisher unbekannter Regionen und Länder in eine von Europa aus entstehende Weltwirtschaft.
Untrennbar verbunden ist die Geschichte der Entdeckungen mit der Unterwerfung, Unterdrückung und Ausplünderung der entdeckten Länder und Völker durch brutale Gewalt. Sklavenhandel und Ausrottung ganzer Völker durch die Europäer sind Ausdruck eines der blutigsten Kapitel der Menschheitsgeschichte, des Kolonialzeitalters. Die Kolonialzeit begann für viele Völker Asien, Afrikas und Amerikas unmittelbar mit den großen Entdeckungen und war erst um 1960 vollständig beendet.
Wie MARCO POLO, so reisten auch vor und nach ihm einzelne Kaufleute und Forscher von Europa nach Asien. Zwischen dem Westen (Europa) und dem Osten der im 13./14. Jh. bekannten Welt (unter der Bezeichnung „Indien“ bekannt) gab es auf Landwegen und entlang der Küste ständige Handelsbeziehungen. Am Handel waren vor allem Kaufleute, Feudalherren und Kirchenfürsten, interessiert.
Aus „Indien“ gelangten vor allem Gewürze nach Europa, die die verbreitete Eintönigkeit des Geschmacks der aus Mehlbrei und Fleisch bestehenden Speisen zu durchbrechen halfen. Daher waren Nelken, Muskat, Zimt, Ingwer und besonders Pfeffer sehr begehrt. Hinzu kamen Atlas-, Damast-, Brokat- und Musselinstoffe aus Arabien, Teppiche, Edelsteine und Seide aus China. Da Europa keine Waren als Gegenleistung anbieten konnte, wurde mit Silber und Gold bezahlt.
Der Fernhandel zwischen Europa und Asien fand nicht direkt, sondern über Zwischenhändler statt. Hauptumschlagplätze waren Konstantinopel, die Hauptstadt des Oströmischen Reiches, und Alexandria in Ägypten. Bis auf wenige Reisende waren deshalb den Europäern sowohl der Osten als auch die Reisewege dahin völlig unbekannt.
Die direkte Durchreise wurde den Kaufleuten außerdem von islamischen Arabern verwehrt. Nur wenigen gelang es, diese „arabische Sperre“ zu durchdringen. Der Weg nach Indien wurde völlig unmöglich, als das Mongolenreich zerfiel und die osmanischen Türken weite Regionen Vorderasiens besetzten und 1453 sogar den Hauptumschlagplatz Konstantinopel eroberten, der fortan als Istanbul bezeichnet wurde.
Die Reiserouten MARCO POLOS nach China
Da weder die europäischen Empfänger auf die Waren noch die Händler auf ihren Gewinn verzichten wollten, suchte man nach Auswegen aus der verfahrenen Situation. Um die Wende vom 14. zum 15. Jh. hatte man auch von den bis dahin bekannten Teilen der Erde noch sehr ungenaue Vorstellungen. Selbst das nördliche Asien war kaum bekannt. Von Afrika kannte man höchstens den an das Mittelmeer grenzenden Norden. Den Indischen Ozean stellte man sich wie das Mittelmeer als ein Binnenmeer vor.
Doch man besann sich auf die Werke des antiken Gelehrten PTOLEMÄUS , auf seine Auffassung von der Kugelgestalt der Erde mit den (in der Realität viel zu geringen) Entfernungsangabe nach Indien.
Noch manches andere begünstigte die Suche nach dem Seeweg nach Indien:
Die Magnetnadel hatte sich unter den Seefahrern verbreitet. Sie konnten sich nun auf das Meer hinaus wagen, ohne Kontakt zur Küste behalten zu müssen, da man immer die Nordrichtung bestimmen konnte.
Im 15. Jh. war vom Nürnberger MARTIN BEHAIM der Jakobsstab erfunden worden, mit dessen Hilfe man die Höhe der Sonne und anderer Himmelskörper bestimmen konnte. Damit wurde es möglich, die geografische Breite des Aufenthaltsortes eines Schiffes zu bestimmen.
In der französischen Bretagne hatten Schiffbauer die hanseatische Kogge zur Karavelle weiterentwickelt, mit der man auch gegen den Wind kreuzen konnte.
Zu den mutigen Entdeckern, die keinerlei Gefahren fürchteten und die ganz entscheidend zum neuen Bild von der Erde beigetragen haben, da sie bisher unbekannte Kontinente erreichten, gehören neben FERNANDO MAGELLAN (ca. 1480–1521) CHRISTOPH KOLUMBUS (1451–1506) und VASCO DA GAMA (1469–1524).
Der Italiener CHRISTOPH KOLUMBUS war von der Möglichkeit, Indien auf dem Westweg zu erreichen, auch dann noch überzeugt, als der portugiesische König seiner Flotte diesen Weg nicht erlaubte.
In Diensten Spaniens startete er im August 1492 mit drei Karavellen in den unbekannten Westen. Am 12. Oktober 1492 sahen die Seeleute Land, dem sie den Namen „San Salvador“ („der Erlöser“) gaben. Sie glaubten fest daran, in Indien gelandet zu sein, doch es war nur eine Insel der Bahamas. Dieser Teil Amerikas trägt deshalb noch heute den Namen Westindien.
Dennoch waren die Küsten Amerikas entdeckt. Weiter entdeckten die Spanier das heutige Kuba und Haiti, wo allerdings KOLUMBUS' Flaggschiff, die „Santa Maria“, auf Grund lief. Er beschloss deshalb die Heimreise. Auch nach der Ankunft in Europa war er noch immer davon überzeugt, in Indien oder auf einer vorgelagerten Insel gewesen zu sein. Noch drei weitere Reisen unternahm KOLUMBUS und entdeckte weitere Inseln in der Karibik, nicht aber das indische Festland und die ersehnten Gewürze. Weitere Reisen vertraute man ihm nicht mehr an.
Wie die Spanier hatten auch die Portugiesen großes Interesse an neuen Ländereien und deren Schätzen. So kam es bereits 1494 durch den Vertrag von Tordesillas mit Billigung des Papstes zur ersten Aufteilung der „Neuen Welt“ zwischen beiden Ländern.
Im Unterschied zu den Spaniern suchten die Portugiesen allerdings den Seeweg nach Indien nicht in westlicher Richtung. Sie gingen vielmehr davon aus, dass das vom Ozean umgebene Afrika – obwohl im Süden noch weitestgehend unbekannt – umschifft werden kann.
Nach mehreren Versuchen gelang die Entdeckung des Seeweges nach Indien schließlich VASCO DA GAMA, der im Juli 1497 – also rund fünf Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch KOLUMBUS – in seinem achtundzwanzigsten Lebensjahr in der Nähe von Lissabon in See stach und im Mai 1498 Indien erreichte.
Dieser Erfolg DA GAMAS war langfristig vorbereitet worden. Er konnte auf vielen Ergebnissen portugiesischer Seefahrtkunst aufbauen:
Und BARTOLOMEU DIAZ fuhr 1488 noch weiter nach Süden. Sein Schiff wurde während eines Orkans um das heutige „Kap der Guten Hoffnung“, das DIAZ „Kap der Stürme“ nannte, getragen. Obwohl er wieder umkehren musste, war er – auch aufgrund eines warmen Meeres-stroms, der heute Agulhasstrom heißt – davon überzeugt, den Weg nach Indien gefunden zu haben.
VASCO DA GAMA wird erst neun Jahre danach unter dem Eindruck der Erfolge KOLUMBUS' wieder Richtung Indien geschickt. Die Portugiesen senden zur Sicherung ihrer Handelsinteressen DA GAMA 1502 gleich noch einmal, aber mit 13 Kriegsschiffen, nach Indien (Bild 5).
Die Entdeckungsreisen von KOLUMBUS, DA GAMA und MAGELLAN
Ein Angebot von